Freitag, 21. Oktober 2011

Fast zu Hause

... war ich, als ich Ellenbergdesign in Berlin (Pankow) besuchte. An einem verregneten Dienstag erreichte ich in meinem Bus sicher mein neues Ziel. Doch entgegen meiner freudigen Erwartung befreite mich Claudia, Ellenbergdesign in Person, nicht aus meiner Verpackung, weil der Akku ihrer Kamera nicht aufgeladen war. Na gut – machte ich es mir also in meinem Gefährt bequem und wartete den mir würdigen Empfang ab. Am nächsten Vormittag war es dann so weit. Ich hörte, wie die kleine Tochter von Claudia das Papier wegriss, dabei freudig aufgeregt plapperte und es kaum erwarten konnte, mich zu sehen.
Über mich hatte Margarete zu meinem Schutz lauter Folien gestopft, noch Süßes und einen Kartengruß beigelegt, welche Claudia und Motte noch ausgiebig bestaunten und befreuten. Endlich holte mich die Kleine aus meiner geliebten grünen Tasche und freute sich riesig über ihr "Geschenk". Nein, Halt, ich bin kein Geschenk! Ich will weiterreisen, die Welt bestaunen und andere Filzerinnen besuchen! Ein Glück verstand Claudia meine Ängste und erklärte der Lütten, dass ich eine Wanderente bin.
 Als erstes durfte ich das Kinderzimmer kennenlernen, lernte so viele neue Tiere kennen, dass ich mir all die Namen nicht merken konnte. Da ging es mir nicht anders als meiner kleinen Gastgeberin, die mich meistens "Logo" oder "Wie heißt die nochmal?" nannte. Aber die kleine Fee kümmerte sich rührend um mich, war ganz vorsichtig und umsichtig, bettete mich in ihrer Höhle, trug mich immer rum und nachts durfte ich neben ihrem Bett auf einem riesigen Kuschelbären schlafen. Auch die anderen Tage hatten wir beide viel Spaß miteinander. Immer wieder musste ich ins Bett, um mich von meiner "langen Reise" (Thüringer Wald – Berlin!) zu erholen, aber ich tat der Kleinen den Gefallen und spielte mit. Schön kuschelig war es schließlich immer. Und so ein bisschen faul rumzuliegen, gefällt mir woanders eigentlich auch ganz gut.

Am Samstag ging Claudia dann endlich filzen und nahm mich in ihr Atelier mit. Das befindet sich in einem häßlichen, alten Gebäude, das in jedem Winkel von vergangenen Tagen und Zeiten erzählt. Claudia wusste zu berichten, dass zu DDR-Zeiten die Intrac (Handelsgesellschaft mbH) das Gebäude nutzte. Diese Firma hat damals richtig fett Devisen für die DDR beschafft. In der Ausstattung schlug sich das zumindest aus heutiger Sicht nicht nieder, auch wenn mich der Fußbodenbelag in den Fluren schwer beeindruckt hat. Ich wusste nicht so recht, ob ich den total scheußlich oder schon wieder gut finden sollte. Die zweite Etage fand ich ehrlich gesagt ziemlich gruselig. Umso überraschter war ich, dass Claudias Raum dann doch recht hell und freundlich ist.

Claudia entschuldigte sich gleich, dass es nicht aufgeräumt sei. Dazu fehle ihr gerade die Zeit, denn eigentlich mag sie es in ihrem Werkraum immer ganz ordentlich, weil sie wohl beim Filzen immer sehr chaotisch arbeitet. Dann wird die Wolle auf dem Boden ausgebreitet, abgezupfte Reste wirft sie vom Tisch mit runter. Und auf dem Tisch sammelt sich wohl im Laufe des Filzens immer mehr Werkzeug an, das jeweils im Radius ihrer Armweite vom Filzobjekt entfernt abgelegt wird. Mir war das sowieso egal, ich schaute mich erst einmal gründlich um.
Den freien Blick aus dem Fenster mochte ich sehr.
Zuerst inspizierte ich die Regale. Viele Kisten und Gläser stehen da. In einigen sind Filzbroschen, natürlich farblich sortiert, in anderen Glasmurmeln, Magnete, Perlen oder Haarspangen. Körbe mit überquellenden Stickgarnen finden sich, Glitzerfäden, Vorfilze, Straußenfedern, Werkzeuge – ein kleines großes Sammelsorium an Material und Werkzeug, das dann auch noch penibel angeordnet wird. Genau genommen sind diese Dinge eine Sammlung ihrer Ideen, denn sie filzt immer viel langsamer und seltener als ihr Kopf solche ausspuckt. Aber sie liebt es, Material zu kaufen. Und sind die Hände endlich soweit, dass sie das Erdachte herstellen könnten, spukt schon wieder Neues in ihrem Hirn herum und neue Dinge müssen besorgt, gekauft und hübsch angeordnet werden. Das inspiriert sie, sagt Claudia. Ich finde das ja ein wenig zwanghaft, aber schön sieht es aus. Natürlich liegt auch Fertiges in den Regalen – Schals, Flaschenhüllen, Flaschenhüte und ein kleines Schaf. Ach nein, das sitzt.

Ich entdeckte zwei weitere Figuren. Claudia erklärte mir, dass sie die Namenlosen mal als Halloweendekoration für einen Buchladen herstellte, die beiden aber inzwischen zu einer Art Maskotchen mutierten, die ihr Atelier hüten und für ein gutes Raumklima sorgten. Nicht, dass Claudia sich damit auskennen würde, aber gerade, wenn sie mal abends oder nachts filzen muss und sich das am Tage sie inspirierende Gebäude zu einem gruseligen verwandelt, schätzt sie ihre Gegenwart sehr.

Und schließlich standen noch zwei große Kisten in einem Regal. In der einen lagert Claudia das Schablonenmaterial, in der anderen ihre Handpuppen. Endlich, da waren sie. Auf diese war ich so gespannt. Ich wollte unbedingt ein Erinnerungsfoto mit ihnen machen. Nach fünf Versuchen war endlich das Gruppenbild mit Mogo im Kasten.


Claudia zeigte mir auch noch eine angefangene Puppe. Die CE-Kennzeichnugspflicht ließ ihre Motivation, diese weiterzuarbeiten, auf Null sinken. Oh je - so lange liegen hier schon die vielen Zähne herum... Naja, und jetzt, da sie etwas klarer sieht, lässt ihr das Private keine Zeit zum Filzen. Oh, dachte ich, jetzt fängt sie an zu jammern. Aber nein, sie erklärte mir dann doch, wie sie ihre Puppen filzt. Das Ganze sah mir sehr aufwendig aus, aber ich weiß ja von Era, wie langwierig und zeitintensiv das Figurenfilzen ist.


Nach der langen Erkundung, zahlreichen Fragen, vielem Zeigen und Erklären fing Claudia doch noch an zu filzen. Sie hatte sich zwei Flaschenhüllen vorgenommen. Während des Filzens war Claudia nicht gerade gesprächsbereit, also schaute ich zu und hielt meinen Schnabel. Mein Gott, zerrt und zottelt sie an dem Filz herum. So ein kleines, schlichtes Ding braucht ja ewig. Und das Penible aus den Regalen tauchte auch wieder auf als Claudia mit Minischere den Halsausschnitt beschnitt. Und immer wieder brabbelte sie vor sich: "Ach. Mist. Naja, ist eben Handarbeit." Ich jedenfalls war mit dem Ergebnis zufrieden. Claudia auch.



Dann ging es endlich zurück...





















 
... in Claudias Wohnung, in der ich Claudia am Sonntag auch noch ein wenig half und bald weiter nach Altshausen.


















Montag, 10. Oktober 2011

Zu Besuch bei Margarete in Merkers in Thüringen


Ein goldener Oktober begrüßte mich in Thüringen mit viel Sonnenschein. Zum Glück konnte ich Margarete gleich überreden, das wunderbare Wetter zu nutzen und mit mir einen Ausflug zu machen. Niemand kann Thüringen besuchen, ohne auf der Wartburg gewesen zu sein - meinen Bericht darüber könnt ihr hier lesen: www.wikiduck.blogspot.com 

Und dann zeigte sie mir alle die Orte zwischen dem Rennsteig und der Wartburg, die sie zu ihren schönen Wandbehängen inspiriert haben. Als erstes besuchten wir die Drachenschlucht bei Eisenach. Darauf habe ich mich sehr gefreut, denn meine Besitzerin Era filzt leidenschaftlich gerne Drachen und so habe ich in meinem Entenleben schon außergewöhnlich viele Drachen persönlich kennengelernt.


Am Eingang der Drachenschlucht ist ein großes Schild mit einem Drachen drauf. Da habe ich noch ganz mutig posiert. Aber bald wurde der Weg enger und enger und die Wände immer steiler, bewachsen mit grünem Moos. Ich konnte mir wirklich gut vorstellen, wie da ein Drache durchgeschlüpft ist und dabei die Wände auseinandergedrückt hat, so wie sich der Weg hier windet. Wir Wanderer mussten auf einem Gitter laufen, unter dem ein Bach hindurchrauscht. Wenn es da mal Hochwasser gibt... - na zum Glück bin ich eine Ente und kann schwimmen! Als wir an die Stelle auf dem letzten Bild kamen wurde es mir dann doch sehr mulmig und ich war froh, wieder in Margaretes Rucksack schlüpfen zu dürfen. Den Rest des Weges habe ich mich tragen lassen.

Wieder zu hause angekommen, durfte ich den Wandbehang "Drachenland" ganz genau anschauen. Wie mir Margarete erklärt hat, soll er nicht die Drachenschlucht abbilden, sondern nur das Gefühl vermitteln, das man dort hat, dass ein Drache durch seine Anwesenheit das Land geformt hat.

Nach der Drachenschlucht ging es weiter zur Elfengrotte, hier auf dem mittleren Bild zu sehen.

An vielen Orten, an denen wir vorbeikamen hatte ich das Gefühl dass hier tatsächlich noch magische Wesen leben, Elfen und Einhörner und Drachen. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wald und Wasser und Fels und Licht und Schatten... .
Margarete hat mir das mit der Inspiration so erklärt: Sie malt bzw. filzt nicht die Bilder, die sie gesehen hat, sondern flicht aus den Eindrücken, die bei ihr nachwirken, eigene Bildgeschichten.


Die Knöpflesteiche lagen auf dem Weg. Dort durfte ich ganz nah ans Ufer und die goldenen Oktoberfarben genießen.
Der Wandbehang auf dem mittleren Bild heißt "Begegnung am Waldteich". Ich musste ganz genau hinschauen, um den Froschkönig auf dem Bild zu finden. Ob es an den Knöpflesteichen wohl auch einen Froschkönig gibt? Ich habe keinen gesehen.


Schaut her, was ich da auf dem Weg gefunden habe! Da war ich ganz schön stolz auf mich. Die angeknabberte Stelle stammt aber nicht von mir...

Das ganze Wochenende war schönes Wetter. Uns so setzte sich Margarete zum Filzen in den Garten. Hier seht ihr einen Drachen im Entstehen. Margarete filzt eigentlich fast nur nass, mit Wasser und Seife, nur die Details am Schluss mit der Filznadel. An diesem Drachen probiert sie aber gerade eine neue Technik aus, die meine Besitzerin Era (Lichtfilz) ihr gezeigt hat. Das geht genau umgekehrt: Erst mit der Filznadel und ganz am Schluss mit Wasser und Seife. Da musste ich natürlich kräftig mithelfen, ich habe ja schon oft erlebt, wie so ein Drache gemacht wird.


Mit einem eigens für mich improvisierten Filznadelhalter konnte ich dafür sorgen, dass alle Teile an die richtige Stelle kamen. Margarete hätte bei der ganzen Nadelei fast die Geduld verloren. Aber mittlerweile war der Drachen schon ganz gut zu erkennen. Aber bis er fertig ist, ist es noch ein langer Weg und viel Arbeit.


Der Drache bekommt noch Flügel, dann eine farbige Haut, die auch noch nass überfilzt wird. Die endgültige Fertigstellung konnte ich nicht mehr sehen, da ich bin vorher weitergereist bin.
Und damit ich alle künftigen Reisen komfortabel und schnell zurücklegen kann, bekam ich von Margarete noch ein besonderes Geschenk:

Ich war begeistert und habe bei der Gestaltung meines neuen Reisebusses natürlich kräftig mitgeholfen! Ich bekam dafür sogar eine eigene Schürze umgebunden, weil Margarete meinte, dass ich zu viel mit den Farben kleckere.

Und Tschüss! Weiter geht die Tour...